Europäischer Tag der jüdischen Kultur 2025 - Lesung
07. September 2025, 16:00 Uhr
Fernab vom umtriebigen Schützenmarkt lud am Sonntag einmal mehr die Buchener Bücherei des Judentums ein: Der Europäische Tag der Jüdischen Kultur fand unter dem Motto „People Of The Book“ („Volk des Buches“) statt und umfasste neben einer bebilderten Lesung eine informative Führung durch die 1998 auf Initiative von Pfarrer Herbert Duffner eröffnete und in ihrer Art nahezu einmalige Bibliothek mit mehr als 10.000 Medien ein.
Dr. Ingbert Blatz und Gisela Brech begrüßten die Gäste – eingefunden hatte sich eine erfreulich große Schar Interessierter – mit dem Hinweis auf die Wichtigkeit des christlich-jüdischen Dialogs. Das unterstrich die Auswahl des präsentierten Buchs: Vorgestellt wurde der Fotoband „Wo Menschen und Bücher lebten“, mit dem der jüdische Fotograf Roman Vishniac (1897-1990) die ostjüdische Vergangenheit dokumentiert hatte. 1935/36 war er durch Osteuropa gereist, um ein einzigartiges Zeitzeugnis zu schaffen: „Wenn Vishniac diese Reise nicht unternommen hätte, läge uns heute keine derartige Dokumentation vor“, gab Gisela Brech zu bedenken. Sie ließ die eindrucksvollen Bilder sprechen, während Dr. Ingbert Blatz das von Eli Wiesel verfasste Geleitwort verlas. Wiesel hatte dem Bildband attestiert, dass durch ihn eine zerstörte Welt in ihren Bildern überlebte – was man Roman Vishniac zu verdanken habe: Das Buch zeigt Städte, Dörfer und Menschen, bevor das Umfeld in Flammen aufgegangen war; Vishniac habe als feinsinniger Fotograf Bilder und Gesten, aber auch Alte und Kinder gleichermaßen festgehalten, ehe sie Vernichtung und Gewalt zum Opfer gefallen waren. „Jedes Bild hat seine Geschichte voller Moral und Philosophie“, zitierte Dr. Ingbert Blatz und hielt fest, dass die Stimmen der Erinnerungen nicht in der Zeitgeschichte verhallen.
Abrundend nahm er Bezug auf die bewegenden Tagebücher der Etty Hillesum, die bis März 1941 geschrieben wurden und durchaus mit den Aufzeichnungen Anne Franks vergleichbar seien. Der Lesung entsprang eine lebhafte Gesprächsrunde; es folgte eine kurze Führung durch die Bibliothek, die Gisela Brech zufolge einen angestammten Leserkreis zwischen Neckar- und Taubertal anspreche. Im Untergeschoss findet sich Belletristik, im oberen Stockwerk Fachliteratur – beides in großer Zahl. Lob und Dank galt der Stadt Buchen für die gute Unterstützung.
Dieser Bericht von Adrian Brosch erschien erstmals am 11.09.2025 in Rhein-Neckar-Zeitung