Warum Antisemitismus sich gegen uns alle richtet
Am Mittwoch, den 15. Mai 2024, findet um 18 Uhr im Klösterle (Obergasse 6, 74722 Buchen) ein Vortrag von dem Beauftragten der Landesregierung gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben Dr. Michael Blume statt.
Ein wichtiger Leitsatz für die Arbeit von Michael Blume ist der Satz von Rabbiner Jonathan Sacks: „Der Hass, der mit den Juden beginnt, endet nie mit den Juden.“
Wer diesen Satz versteht, versteht wie Antisemitismus und die damit verwobenen Verschwörungsmythen funktionieren. Denn Hass und Verschwörungsglaube fixieren sich nicht zufällig von der Antike bis heute quer durch die Kulturen immer wieder auf Jüdinnen und Juden, obwohl die meisten Antisemiten noch nie Menschen jüdischen Glaubens begegnet sind. Hierfür gilt es, drei Begriffe neu zu lesen: Sem, Alphabet und Bildung, die verdeutlichen, dass sich Antisemitismus nicht allein aus Religionsfeindlichkeit oder Rassismus ableiten lässt, sondern sich gegen Bildung und Aufklärung schlechthin richtet. Antisemitismus richtet sich letztlich gegen uns alle.
Der terroristische Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 stellt eine Zäsur dar, die insbesondere für Jüdinnen und Juden täglich spürbar ist. Dieser Einschnitt hat den Antisemitismus weltweit neu befeuert. Wir mussten feststellen, dass Antisemitismus in fast allen Bereichen der Gesellschaft aufgebrochen ist, auch in solchen, in denen man es nicht in diesem Ausmaß erwartet hätte. Polizei und Meldestellen verzeichnen seitdem massive Anstiege antisemitischer Vorfälle und Straftaten, auch in Baden-Württemberg.
Dr. Michael Blume erklärt die historischen Hintergründe des Israel-Gaza-Krieges und geht darauf ein, warum einige Menschen in ein von Hass geprägtes dualistisches Freund-Feind-Denken abrutschen, was das für das Zusammenleben in Baden-Württemberg bedeutet und welche Verantwortung wir in dieser Gemengelage übernehmen können.
Antisemitismus ist nicht irgendein Verschwörungsglauben, sondern er bedroht die Grundlagen jeder friedlichen, freiheitlichen und rechtsstaatlichen Ordnung. Wir sind an Antisemitismus nicht schuld, aber wir haben die Verantwortung, ein Bewusstsein zu entwickeln, ihn aktiv zu bekämpfen, lautet Michael Blumes Credo.
Zum Vortrag lädt die Stiftung Bücherei des Judentums recht herzlich ein. Der Eintritt zur Veranstaltung ist natürlich frei.
Beauftragung
Der Kampf gegen den Antisemitismus ist ein Gebot der Verantwortung für unsere Demokratie. Wir alle müssen dafür Sorge tragen, dass Minderheiten bei uns nicht angegriffen werden und kein Keil in unsere Gesellschaft getrieben wird. Der Landtag hat die Landesregierung 2018 ersucht, einen Beauftragten gegen Antisemitismus einzusetzen.
Als Reaktion auf den terroristischen Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und den auch in Baden-Württemberg zunehmenden Antisemitismus hat das Kabinett am 12. März 2024 die Beauftragung inhaltlich und strukturell gestärkt und den Titel um den Zusatz „und für jüdisches Leben“ erweitert.
Vita
Dr. Michael Blume ist Beauftragter der Landesregierung gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben, Religions- und Politikwissenschaftler. Der evangelische Christ ist mit einer Muslimin verheiratet und leitete bis Juni 2020 das Referat »Nichtchristliche Religionen, Werte, Minderheiten und Projekte Nordirak« im Staatsministerium Baden-Württemberg. 2015/16 verantwortete er das Sonderkontingent des Landes für schutzbedürftige Frauen und Kinder aus dem Nordirak. Er hat über Religion und Hirnforschung (»Neurotheologie«) promoviert. Michael Blume lehrt Medienethik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und bloggt bei den scilogs von Spektrum der Wissenschaft. In seinem Podcast „Verschwörungsfragen“ klärt er über Antisemitismus und Verschwörungsmythen auf.